Vom Warzenvertreiben

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Als die alte Tante eines Tages sah, dass der kleine Jörgen die Hände voller Warzen hatte, erzählte sie ihm, wie man diese vertreiben könnte. Wenn ein Toter beerdigt wird und die Glocken läuten, muss man nach der »Becke« gehen, sich die Hände waschen und sprechen: »Senkt den Dauen int Graf, eck wasche mi de Wateen af, eck glöwe dran.« (»Senkt den Toten ins Grab. Ich wasche mir die Warzen ab; ich glaube daran!«) Als der kleine Jörgen, der es heimlich versucht hatte, sie nun doch behielt, sollte sein Unglaube daran schuld sein.

Es nützte ihm auch nichts, dass er einen Zwirnsfaden mit vier Knoten, denn soviel Warzen hatte er, durchs Fenster warf, und ein andermal einen solchen vergrub. Der Faden war längst verfault, und die Warzen saßen noch.

Hätte er bloß zu einem Toten gekonnt, so hätte er die Warzen leicht vertreiben können; wenn er dem Vater erzählte, lachte dieser laut und suchte seinen Jungen anders zu belehren. Tante Antrin aber ging den ganzen Tag mit brummigem Gesicht umher. Jörgen wurde seine Warzen bald los von dem Scheidewasser, das ihm der Vater bei nächster Gelegenheit mitbrachte.

Literaturnachweis

  • Leiermann, 1936, 166




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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Wattenscheider Sagenbuch.
Essen: Verlag Pomp, 2004
ISBN 3-89355-248-0.



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