Spökenkieker
Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet
Nicht selten kam es auch vor, daß die Spökenkieker (Vorausseher) ihren eigenen Leichenzug voraussahen. Das passierte auch einmal einem Mann, der die Gabe besaß, Ereignisse vorauszusehen. Er ging einmal mit zwei Bekannten durch den Schwerter Wald, als er plötzlich zur Seite trat, den Hut abnahm und mit ernstem Gesicht stehen blieb. Auf die Frage seiner Bekannten, was er denn da für einen Zauber mache, antwortete er, er habe seinen eigenen Leichenzug gesehen, es gebe gar keinen Zweifel. Er nannte auch eine ganze Reihe von Namen aus dem Zug. Einige Monate später ist er dann tatsächlich beim Baden in der Ruhr ertrunken. Er wurde durch den Schwerter Wald nach Hause gebracht, und alle die von ihm genannten Freunde sind auch mit dem Zug gegangen. Im Juni 1914 spazierte ein Mädchen eines Kötters mit seinem Bräutigam über die Ruhrwiesen unterhalb der Hohensyburg. Als sie ein wenig auf einem Heuhaufen ausruhten, sah das Mädchen
plötzlich mit aller Deutlichkeit ein Schlachtfeld vor sich. Sie sah Granaten platzen, Soldaten stürmen und fallen und wildgewordene Pferde davon galoppieren, und überall schwarzer Qualm. Erschreckt umschlang das Mädchen den jungen Mann, so daß der erstaunt fragte: »Bat es Di?« (Was ist mit dir? D. S.) Das Mädchen aber antwortete unter Weinen: »Iek saih Di nit wier!« (Ich sehe dich nicht wieder! D. S.) Am gleichen Abend erzählte sie ihren Eltern das Geschehen, und die wussten ja, daß sie die Gabe des Zweiten Gesichts hatte. Der Bräutigam aber ist gleich zu Beginn des ersten Weltkriegs gefallen. Das Mädchen hat zeitlebens unter dieser Gabe gelitten.
Anmerkungen
Der Schwerter Wald liegt am Mutter Möller Weg.
Schwerter Wald (WGS 84: 51.467964° 7.563014°)
Literaturnachweis
- Vgl. Althaus, 81f. (nach Kleibauer; Mitze; Woeste)
Hier finden Sie: Schwerter Wald (51.467964° Breite, 7.563014° Länge)
Diesen Ort mit weiteren Geodiensten anzeigen.
Weitere Sagen aus Dortmund.
Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:
Bottrop: Henselowsky Boschmann Verlag, 2005
ISBN 3-922750-60-5.
Der Text ist urheberrechtlich geschützt. Nähere Informationen: siehe Impressum.