Isenberg Hattingen – sagenumwoben
Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet
Eine Wanderung zur Isenburg in Hattingen (Ennepe-Ruhr-Kreis). Beschrieben von Martin Velling (Wanderrouten), Dirk Sondermann (Sagen).
Erinnerungen an Raubritterzeiten in sagenhafter mittelalterlicher Vergangenheit weckt der Rundgang über den langgestreckten Rücken des Isenbergs in Hattingen. Beim Anblick der Ruinenreste der einst riesenhaften Burganlage entstehen vor dem geistigen Auge imposante Bilder früherer Ritterherrlichkeit (die gewiss nicht immer so »herrlich« war wie in unseren Vorstellungen!).
Info
Start und Ziel: Hattingen-Niederbonsfeld, Wanderparkplatz am Fuße des Isenbergs (Ecke Isenbergstraße/Tippelstraße)
Parkmöglichkeit: Wanderparkplatz
ÖPNV-Anbindung: Bushaltestelle »Isenberg« - Bus 141, 331
Länge: ca. 6 km, abkürzbar auf ca. 3 km
Gelände: hügelig/bergig mit längeren vorwiegend ebenen Abschnitten, teils Waldweg, teils schmales Anliegersträßchen
Sehenswertes: Ruine Isenburg, Haus Custodis, Bergpfad Isenberg mit Klettergarten des Alpenvereins, historischer Leinpfadabschnitt an der Ruhrstelle »Kölner Furt«
Wanderung
Welch idyllische und doch imposante Landschaft uns hier am Ruhrbogen erwartet: bevor es losgeht, lassen wir vom Wanderparkplatz Isenberg bzw. vom jenseitigen Bürgersteig hoch über dem Ruhrufer aus den Blick in die Runde schweifen: hoch ragen die bewaldeten Ruhrhöhen auf, an deren Fuß entlang sich die Landstraße zwischen Berg und Fluß quetscht; drüben, auf der anderen Seite der Ruhr, herrschen sanft gerundete Hügel vor, abgeschliffen von der letzten Eiszeit; mit etwas Glück können wir Paddler beobachten, die sich hier in der von Strudeln und Stromschnellen geprägten Ruhr im Wildwasserfahren üben.
Zunächst nehmen wir den mitten über den Wanderparkplatz führenden Fernwanderweg X28 (Hattingen - Siegtal) und wandern auf dem schmalen Sträßchen (das einst die Landstraße von Niederbonsfeld nach Hattingen war) bergauf; nach wenigen Metern gesellt sich von rechts der Ruhrhöhenweg XR dazu. Beide „X“ führen uns nach links in das Sträßchen „Am Isenberg“, doch bereits nach 200 m links in Serpentinen steil hinauf zur Burgruine mit dem kleinen Freilichttheater. Bevor wir später rechts mit X weiterwandern, wenden wir uns nach links und erkunden ausgiebig das Burggelände, besuchen die Ruinenreste und das Haus Custodis und bewundern die Aussicht auf das Winzer Bauernland, die Hattinger Innen- und Südstadt, den Raum Bochum-Linden/-Dahlhausen und die waldreichen Ruhrberge.
Die Isenburg war einst eine der mächtigsten Burgen an der Ruhr, 240 m lang, bestehend aus zwei Teilen: Unterburg (zum Berghang ruhrseitig hin) mit Wirtschaftsgebäuden, und Oberburg (ab Haus Custodis Richtung Bergrücken) mit imposantem Bergfried, mit Palas, Kapelle und Schmiede. Im ausgehenden 12. Jh. vom Kölner Bischof Adolf von Altena und seinem Bruder Graf Arnold von Altena erbaut, herrschte dort zu Anfang des 13. Jhs. Graf Friedrich von Isenberg, Vogt des Stiftes Essen, „berühmt“ geworden durch den Mord an seinem Onkel, Engelbert von Berg, dem damaligen Erzbischof von Köln. Nachdem er gefasst und in Köln hingerichtet worden war, wurde die Burg, nur wenige Jahrzehnte alt, zerstört; die Steine wurden „recycelt“ und für den Bau der Burg Blankenstein verwendet.
Übrigens diente der Isenberg im 19. und 20. Jh. als Steinbruch und wäre samt Burg fast verschwunden, wenn nicht entschlossene Bürger für eine Schonung der geschichtsträchtigen Stätte eingetreten wären. In den 1960/70er-Jahren gruben Schüler der archäologischen Arbeitsgemeinschaft des Hattinger Gymnasiums Waldstraße („Buddel-AG“ genannt) unter Leitung ihres Lehrers und Kreisheimatpflegers Dr. Eversberg Reste der Isenburg aus und bauten einige steinerne Zeugnisse wieder auf. 1858 hatte der Düsseldorfer Baumeister Custodis ein Landhaus auf dem Burggelände erbaut; heute kann man sich im „Haus Custodis“ sonn- und feiertags (April-Okt. 15.00-17.00 Uhr; Nov.-März 14.00-16.00 Uhr) über die Geschichte der Isenburg informieren.
Sage
»... Die stolze hochragende, alle Burgen des Landes an Größe und Stärke übertreffende Isenburg ... wurde erobert und von Grund auf zerstört ... « aus: Das malerische und romantische Westfalen, 1872, S.340, S.347.
Das Ende des Grafen von Isenberg
Graf Friedrich von Isenberg hatte die schauerliche Tat vollbracht. Sein Vetter, der Erzbischof Engelbert von Köln, lag tot und von zahllosen Wunden bedeckt im Dickicht des Waldes. Der Mörder floh durch die Nacht dahin. Immer wieder meinte er, den Erschlagenen vor sich zu sehen, und immer wieder glaubte er, sein letztes Todesröcheln zu vernehmen. Von furchtbarer Reue gequält, trieb er sein Ross zu rasender Eile an. Müde und abgemattet erreichte er endlich die Burg, aber auch hier ward ihm Ruhe nicht zuteil. Schon kam die Rache. Ein gewaltiges Kriegsheer rückte heran und besetzte das Schloss. Für den Grafen gab es nun kein Entweichen mehr, und dennoch fand er einen Ausweg. Im Schlosshofe war ein verborgener Gang. Er führte durch das Innere des Berges hindurch unter dem Bette der Ruhr entlang zum jenseitigen Ufer hin. Ihn benutzte der Graf und erreichte glücklich auch das Freie. Hier schwang er sich auf das nächste Ross, das er traf, und jagte in die Welt hinein. Das Ross aber trug die Eisen umgekehrt unter seinen Hufen, und das bedeutete Unheil. Wie ein gehetztes Wild floh der Geächtete von Burg zu Burg, von Land zu Land. Nirgends hielt es ihn lange. Überall witterte er Gefahr. Nach einem Jahre kam er endlich nach Lüttich und kehrte hier als Handelsmann in einer Herberge ein. Die Magd betrachtete ihn mit verwunderten Augen. Sie hatte einst auf der Isenburg gedient, und der Fremdling in den schlichten Kleidern schien ihr wohl bekannt. Sie beobachtete ihn, als er sich wusch. Dabei schlug er in die Hände, und sie waren sogleich trocken. So hatte es der Isenberger stets getan. Sie erkannte ihn daran und verriet ihn seinen Feinden. Er wurde gefangen genommen, und unter den Verwünschungen des Volkes starb er zu Köln den schmachvollen Tod des Mörders, ganz so, wie seine Mutter es im Traum vorausgesehen hatte. (Vos, Weinand) Von dieser Sage gibt es folgende Variante: Als Friedrich den Erzbischof von Köln ermordet hatte, floh er auf seine feste Burg an der Ruhr, und niemand wurde zu nächst gewahr, wer die Bluttat vollbracht hatte. Die Magd auf der Burg hatte jedoch von der Ermordung des Bischofs gehört und von einem Ritter erfahren, dass ihr Herr der Mörder wäre. Sie wollte nun den Dienst verlassen und Friedrich verraten, konnte aber nicht so leicht fortziehen, denn Friedrich sagte: »Bleibe noch solange, bis du ein Paar Schuhe verschlissen hast!« Er ließ ihr aber Schuhe aus Menschenleder machen, die viele Jahre hielten, und das Mädchen wusste nicht, wie es fort kommen sollte. In seiner Not klagte es sein Geschick einer Krämerfrau und die sagte: »Stelle die Schuhe eine Nacht unter die Regentraufe, so werden sie auseinanderfallen!« Nach einiger Zeit hatte das Mädchen seinen Herrn verraten. Friedrich wurde gefangen genommen und in Köln aufs Rad geflochten; seine Burg wurde gänzlich zerstört.
(Wehrhan, 1924, Nr.178; vgl. Dirk Sondermann, Hattinger Sagen, Bottrop 2007, Nr.34) Unter ``Hattingen´´ finden Sie auf unserer Homepage weitere Sagen von der Isenburg.
Anmerkungen zur Sage
Lüttich liegt heute in Belgien. Walter von der Vogelweide, Zeitgenosse Erzbischof Engelberts (des »edlen Fürsten von Köln«) und berühmtester Epiker mittelhochdeutscher Dichtung wünschte Friedrich nicht das Vierteilen, sondern: »Wessen Leben ich preise, dessen Tod will ich immer beklagen: Daher wehe dem, der den edlen Fürsten von Köln erschlug! 0 Jammer, dass ihn die Erde noch trägt! Ich weiß keine Marter für ihn zu finden, die seiner Schuld entspräche: Ein Eichenstrang um seinen Hals wäre allzu weich. Ich wünsche ihm nicht den Scheiterhaufen, auch nicht das Vierteilen oder Schinden, noch, dass ihm die Knochen mit dem Rad zerbrochen werden oder er drauf geflochten werde, ich warte nur darauf, dass ihn die Hölle lebendig verschlinge.« Walter von der Vogelweide war Parteigänger des Staufers Kaiser Friedrich II. und dessen Reichskanzler Erzbischof Engelbert von Köln, weil er als landloser Ministerialer (Dienstadliger; Angehöriger des Kleinadels.) hoffte, vom Kaiser ein Lehnen, also eine Grundherrschaft, zu erhalten. (vgl. Dirk Sondermann, Hattinger Sagen, Bottrop 2007, Nr.34)
Fortsetzung der Wanderung
Genug der blutrünstigen Ritterzeit. Wir nehmen den Weg X28 und wandern mit der Burg im Rücken über den gesamten Kammweg des Isenbergs (aufpassen: XR verschwindet 200 m nach Verlassen der Isenburg nach rechts! Hier weiter geradeaus mit X28). Der waldreiche Pfad führt nach etwa 1 km an einem kleinen Steinbruch vorbei, wo der Alpenverein einen Übungskletterpark eingerichtet hat; (mit etwas Glück kann man den „Bergsteigern“ beim Erklimmen der Wände zusehen). Etwa 2 km ab Burg geht es über Treppen hinab auf Velbert-Nierenhof zu. Der Weg X28 geht nach links ab, wir aber nehmen rechts das Sträßchen „Am Isenberg“ und wandern gemütlich am unteren Hang des Isenbergs entlang, während der Blick übers idyllische Balkhauser Tal auf die Höhen der Winzermark geht, bis wir unseren Ausgangspunkt, Wanderparkplatz Isenberg, wieder erreichen.
Wer Lust hat, kann die Straße queren und zum Ruhrufer gehen (X28): rechts findet man noch einen historischen gepflaterten Teil des Leinpfades, auf dem zwischen 1770 und 1870 die leeren Ruhraaken (Kohlenschiffe) per Pferd und Leine flussaufwärts zu den Kohlenniederlagen gezogen wurden. Bis zur Ablösung durch die Eisenbahn war die Ruhr wichtiger Transportweg für Ruhrsandstein und Kohle und meistbefahrener Fluss Europas. Der den Hellweg kreuzende Fernhandelsweg Hilinciweg von Norddeutschland Richtung Köln querte hier die Ruhr an der sogenannten „Kölner Furt«“
HINWEIS: Wer nicht ganz so lange wandern möchte und sich hauptsächlich für die Isenburg interessiert, geht nach der Burgerkundung auf dem X28 wieder in Serpentinen hinab zum Wanderparkplatz (wie beim Aufstieg).