Geisterspuk auf dem Wall
Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet
In Wesel hatten sich einst ein Soldat und ein Mädchen lieb. Sie hatten sich für ihr Leben miteinander versprochen, weil sie glaubten, nie voneinander lassen zu können. Aber es war eine traurige Liebe zwischen den beiden; denn ihre Eltern mochten den Soldaten nicht leiden und dachten auch wohl, dass ein ehrsamer Handwerksmann oder Bürger als Schwiegersohn, einer, der sein sicheres Einkommen habe, für die Tochter eher geeignet wäre. So sehr das Mädchen auch bat und jammerte, es bekam auf all sein Flehen immer nur ein hartes Nein.
Da beschlossen die beiden in ihrer Herzensnot, freiwillig aus dem Leben zu scheiden. Wenn sie das Leben nicht vereinen sollte, dann eben der Tod! Aber es war ein grausiger Tod, den sie erwählt hatten. Auf dem Wall stand eine Kanone, die stets geladen sein musste. Als der Soldat eines nachts alleine auf der Wache war, wurde die Stille plötzlich mit einem furchtbaren Knall aufgeweckt. Die Kameraden und der Hauptmann, die herbeigeeilt kamen, sahen das Unglück. Der Soldat hatte die Lunte angezündet, die beiden Liebenden hatten ihre Köpfe dicht beieinander vor die Mündung der Kanone gehalten, und die Kugel hatte sie von ihren Leibern weggerissen.
Seitdem, so wird erzählt, erscheint das unglückselige Paar immer wieder um die Mitternachtsstunde auf dem Wall, wo sich das grausige Geschehen Nacht für Nacht wiederholt. Nach dem Knall ist dann der Spuk mit seinen Geistergestalten wieder verschwunden. Die Kanone aber ist, obwohl sie kein Mensch bedient, immer wieder erneut geladen.
Wer sich selbst das Leben oder einem anderen das Leben nimmt, der muss in den Nächten in der Geisterstunde umhergehen, weil er im Grabe keine Ruhe findet. Es wird auch erzählt, ein Hauptmann, der einen seiner Soldaten unschuldig getötet habe, sei lange Zeit hindurch Nacht für Nacht auf demselben Wall als Geist erschienen.
Anmerkungen
Siehe die Wallstraße im Herzen Wesels.
Wallstraße, Wesel (WGS 84: 51.657036° 6.621575°)
Literaturnachweis
- Erich Bockemühl, Das goldene Spinnrad, Niederrheinische Sagen, Märchen und Legenden, Duisburg 2. überarbeitete u. erweiterte Aufl. 1960, S.16f.
Zugrunde liegt wohl die Fassung von Johannes Wilhelm Wolf, Deutsche Märchen und Sagen,Leipzig 1845,Nr.258, S.368(``Spukender Soldat zu Wesel. Mündlich´´)
Hier finden Sie: Wallstraße, Wesel (51.657036° Breite, 6.621575° Länge)
Diesen Ort mit weiteren Geodiensten anzeigen. Weitere Sagen aus Wesel.
Der Text ist urheberrechtlich geschützt. Nähere Informationen: siehe Impressum.