Franz Dinnendahl und die Dampfmaschine
Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet
Franz Dinnendahl (1755-1826), in Steele, heute Essen-Steele geboren, war ein technisches Genie. Er arbeitete sich vom Schweinehirten zum Dampfmaschinenfabrikanten empor.
Der Auftrag für die Zeche Vollmond in Langendreer, den er 1799 erhielt, sollte sein Leben mit einem Schlag verändern und von außerordentlicher Bedeutung für die technische Entwicklung im Ruhrbergbau werden. Der Eigentümer der Zeche Vollmond, Freiherr von Romberg, hatte, wie alle anderen Grubenbesitzer an der Ruhr, das Wasserproblem in seinen Schächten nicht befriedigend lösen können. Er hatte aber gehört, dass in England schon seit längerer Zeit Dampfmaschinen die Aufgaben der herkömmlichen Wasserkünste übernommen hatten; auch in Schlesien sollten solche Maschinen, die ein gewisser James Watt 1765 in England zum Patent angemeldet hatte, zufriedenstellend arbeiten. Nachdem zuvor auf der Saline Königsborn bei Unna eine englische Dampfmaschine in Betrieb genommen worden war, hatte Freiherr von Romberg eine solche »Feuermaschine« in Schlesien bestellt, die nun, 1799, in unendlich viele Teile zerlegt angekommen war und auf der Zeche Vollmond von einem schlesischen Fachmann zusammengesetzt werden sollte.
Dinnendahl war die Aufgabe zugefallen, ein Maschinenhaus für dieses Wunderwerk der Technik zu bauen. Nach Feierabend schlich der Zimmermann immer wieder um die neuartigen Maschinenteile, merkte sich ihr Aussehen, machte sich Zeichnungen und grübelte, wie sie wohl zusammenzusetzen wären und funktionieren könnten. Als das Maschinenhaus stand, rückten der schlesische Monteur und seine Leute an. Doch trotz aller Mühen wollte sich die Dampfmaschine nicht in Bewegung setzen. Manchmal stieß sie mächtige Rauchwolken aus, puffte und zischte, dann wieder stand sie still. Entnervt schraubten und hämmerten die Schlesier Tag für Tag, immer wieder unterbrochen von dem dabeistehenden Dinnendahl, der ihnen ein ums andere Mal unwillkommene Ratschläge zur richtigen Zusammensetzung gab.
Schließlich wurde ihnen der Zimmermann so aufdringlich, dass sie sich beim Freiherrn von Romberg beschwerten. Doch der Zechenbesitzer war auf die Schlesier keineswegs gut zu sprechen, hatte er doch 15.000 Taler für eine Maschine bezahlt, die nicht in Gang zu setzen war. Er hatte eigentlich sogar größeres Vertrauen in den bastelnden Zimmermann, der immerhin schon bewiesen hatte, dass er brauchbare Wasserkünste konstruieren konnte; sicherlich: von Dampfmaschinen verstand er im Grunde nicht viel, aber einen Versuch sollte es allemal wert sein. Und so wollte der Freiherr die Schlesier fortschicken und Dinnendahl an ihrer Stelle an die Maschine lassen.
Doch die preußische Bergbehörde erhob Einspruch: Unvorstellbar, dass ein Laie an einer so komplizierten bergmännischen Einrichtung sein Glück versuchen sollte. Nicht auszudenken, was alles passieren könnte, wenn er einen Fehler machte! So durften die Schlesier wieder an die Arbeit gehen - aber wieder ohne Erfolg; die Maschine blieb bewegungslos.
Jetzt sprach Freiherr von Romberg ein Machtwort: Dinnendahl sollte seine Chance erhalten. Und der Zimmermann nutzte sie. Er, der noch niemals mit Eisenteilen gearbeitet hatte, der sich nur auf seinen technischen Verstand verlassen konnte, der Bastler aus Leidenschaft, setzte die Maschine in Gang. Die erste dampfgetriebene Wasserpumpe des Ruhrbergbaus war in Betrieb, und von nun an war auch hier der Siegeszug der Dampfmaschine nicht mehr aufzuhalten.
Dinnendahls Ruf als technisches Wunderkind verbreitete sich mit Windeseile. Der »Vater der Feuermaschinen« konnte nun endlich das tun, was ihm schon seit längerer Zeit als Wunschtraum vorgeschwebt hatte: selbst Dampfmaschinen bauen. Nachdem 1800 das Patent des Erfinders James Watt abgelaufen war, machte sich Dinnendahl ans Werk. (...) (Schulze)
Anmerkungen
Der Eingang zur Zeche Siebenplaneten (*1783, †1944) lag an der Oberstraße/Ecke Siebenplaneten; an der Vollmondstraße stand die gleichnamige Zeche (*ca. 1750, †1926), von der noch einige Gebäude zeugen. Für das Hinweisschild an der Mauer Vollmondstraße 47 ein dickes Lob an den »Förderverein Bergbauhistorischer Stätten im Ruhrrevier e.V. - Arbeitskreis Bochum«; das Bergwerk Friederika (*vor 1745, †1907) lag an der gleichnamigen Straße/Ecke Knepperstraße bei Wiemelhausen.
Horster Mühle (WGS 84: 51° 25' 44" 7° 6' 34")
Literaturnachweis
- Schulze, 1987, 157f.
Diese Sage folgt der Themenroute 22 – Mythos Ruhrgebiet der Route der Industriekultur des Regionalverbandes Ruhr.
Der RVR bietet zum Thema »Horster Mühle« folgende Informationen.
Hier finden Sie: Horster Mühle (51.428889° Breite, 7.109444° Länge)
Diesen Ort mit weiteren Geodiensten anzeigen. Weitere Sagen aus Bochum.
Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:
Verlag Pomp, 2004
ISBN 978-3893550678.
Der Text ist urheberrechtlich geschützt. Nähere Informationen: siehe Impressum.