Die weiße Frau von Schloß Grimberg
Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet
Da wo die Emscher auf ihrem Laufe das Gebiet des Ortes Bismarck im Kreise Gelsenkirchen berührt, liegt das altersgraue Schloß Grimberg, an dem sich die Heerstraße vom Rheine bis zur Weser durch den Hellweg hinzieht. Die Grafen von Grintberge, nach denen das Schloß benannt worden ist, waren gefürchtete Raubritter, denen die Kaufleute, die die Straße benutzten, den üblichen Tribut entrichten mussten, wen sie nicht in dem finsteren Burg Verließe schmachten wollten. Einer der Grafen hatte nur eine Tochter und einen jüngeren Sohn. Die Tochter war mit einem Ritter von Kniping vermählt, auf den sie vermöge ihrer wunderbaren Schönheit einen unheimlichen Einfluss ausübte, den sie benutzte, um ihre verwerflichen Pläne auszuführen. Sie trug nämlich im Sinne, ihren Bruder auf die Seite zu schaffen, um unbestrittene Erbin der väterlichen Güter zu werden. Ihr Gemahl ließ sich bestimmen, den kleinen Junker zu rauben, der nach dem Tode seines Vaters bei einem Großonkel lebte. Durch einen Zufall erfuhr der Großonkel die seinem Schützlinge drohende Gefahr und konnte den Raub verhindern; aber das ränkevolle Weib ruhte nicht eher, als bis der Treue Hüter durch Mörderhand gefallen war. Die Freveltat wurde von vertrauten Diener verraten und der Ritter von Kniping zu lebenslänglichem Kerker verurteilt. Wohl suchte er der Strafe durch die Flucht zu entgehen, fiel aber durch die Kugel der ihn verfolgenden Schergen. Seine durchlöcherte Rüstung wird noch heute in dem in der Nähe gelegenen Schlosse Herten aufbewahrt. Als seine Gemahlin sah, dass alles verloren war, stürzte sie sich in den Schlossgraben. Sie soll bis auf den heutigen Tag noch keine Ruhe gefunden haben, allnächtlich ihr Unwesen treiben und schon vielen erschienen sein. Ihr Bruder wuchs zu einem tatkräftigen Manne heran und stiftete zum Andenken an seine Errettung und als Sühne für das von seinen Verwandten verübte Verbrechen ein Armenvermächtnis, das noch jetzt besteht. Daraus werden acht arme, gut beleumundete, Personen in einem besonderen Hause unterhalten und mit allem Nötigen versorgt.
Anmerkung
Tatsächlich stiftete Ritter Heinrich Knipping zu Grimberg 1550 unweit der Bleckkirche (siehe Sage 41) an der Bleckstr. ein 1914 abgebrochenes Haus zur Beherbergung armer Leute. Ein Zusammenhang zwischen der Stifung und der oben angeführter Sage ist aber eher unwahrscheinlich. Die Stiftung war »die älteste soziale Einrichtung im Gebiet der heutigen Großstadt Gelsenkirchen“ (Griese, 60). 1948 oder 1985 (Quellenlage lückenhaft !) wurde die finanziell bedeutungslos gewordene »Ritter Heinrich Knipping Stiftung“ aufgelöst und das Stammkapital dem Gelsenkirchener Sozialetat zugefügt. Die »durchlöcherte Rüstung“ befindet sich heute nicht mehr auf Schloss Herten. Zu Schloss Herten siehe Sage 53f.
Schloss Herten (WGS 84: 51.592069° 7.1245°)
Literaturnachweis
- Wehrhan, 18f. (nach Haumann in der handschriftlichen Sammlung des Seminardirektors Kohlmann 1901); in Am. verwendete u. weiterführende Lit. : Gustav Griese, Schloß Grimberg: in Griese, 60
Hier finden Sie: Schloss Herten (51.592069° Breite, 7.1245° Länge)
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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:
Bottrop: Henselowsky Boschmann Verlag, 2006
ISBN 3-922750-66-4.
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