Die besessene Frau von Haus Kurl

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Auf Haus Kurl lebte früher einmal ein Fräulein, das ein ausschweifendes und gottloses Leben führte. Als die Dame schwer erkrankte, wurde ein Geistlicher gerufen. Er reichte der Sterbenden die Wegzehrung, aber sie spie die Hostie wieder aus, begann zu heulen und zu toben und verwandelte sich in ein furchtbares Untier, das bald darauf starb. Von dieser Stunde an hatten die Kurier keine Ruhe mehr. In Nächten, in denen sich kein Windhauch rührte, klapperten im Haus Kurl die Fenster, krachend schlugen die Türen zu. Im ganzen Dorf war nachts ein schreckliches Heulen zu vernehmen. Das mußte wohl alles von dem in Todsünde gestorbenen Fräulein von Kurl kommen, das keine Ruhe im Grabe fand und als Gespenst an die Stätte seiner Taten zurückkehrte. «Das Bölkdier geht um«, sagten die Leute, wenn wieder einmal Geheul sie aufschreckte.

Aber das Bölkdier war nicht nur in Haus Kurl zu vernehmen. Während des Hochamtes in der Kirche ließ es sich sogar unter den Walnußbäumen hinter Halfmanns Hause hören, sobald die Orgel nicht erklang oder die Leute nicht mehr sangen. Wer es sehen wollte, dem zeigte es sich, doch niemand konnte es richtig beschreiben. Der Müller von Kurl hat es mehr als einmal gesehen und gehört. Das wollte einmal auch der Körne-Schmied. Großsprecherisch sagte er: «Eck woll, datt datt Bölkdier äimoll no mi käme. Eck höll diämm Düwell uroll ne glainige Issenstange in'n Hals« (``Ich möchte, dass das schreiende Tier einmal zu mir käme. Ich schlüge diesem Teufel eine glühende Eisenstange in den Hals. » D. S.) Gesagt, geschehen. Noch am gleichen Abend stand das Bölkdier vor der Körneschmiede. Da aber war es mit dem Mut des Schmiedes aus. Er vergaß alle seine handfesten Drohungen und rannte in sein Haus. Endlich brachte ein Kapuzinerpater Hilfe. Ihm gelang es, das Untier zu exorzieren und in den Grainink zu bannen, einen Bach, der von Wickede kommt und in die Körne fließt. Der Platz, wo dann für alle Zeiten das gebannte Bölkdier steckte, hieß im Volksmund «Im Bölkoert«. Für die Seelenruhe des Fräuleins und als Sühnezeichen stiftete die Familie von Kurl einen Leuchter mit immerbrennender dicker Kerze, der in der Kirche vor dem Bild der Gottesmutter von Scheda stand.

Anmerkungen

Die letzten Reste von Haus Kurl an der Kurlerstr. 154/ Ecke Plaßstr. brannten 1905 ab. Freiherr von Boeselager erbaute an selber Stelle ein heute noch vorhandenes Landhaus, welches ebenfalls Haus Kurl genannt wird und von einer Gräfte umgeben ist (nicht zu besichtigen). Kapuziner bezeichnen einen 1528 gegründeten franziskanischen Reformorden, deren Mitglieder zur optischen Unterscheidung von den Franziskanern spitze Kapuzen tragen. Unmittelbar an der Straße Scheda 21, direkt an der Stadtgrenze von Wickede zu Fröndenberg, liegt ein bewirtschaftetes, teilweise noch wasserumwehrtes Gut, bei dessen Umbau man Reste des alten Klosters Scheda fand. Das heutige Gut Scheda in Wickede ist nur von der Straße aus zu besichtigen. Die angesprochene Kirche ist die katholische, meist verschlossene 1733 an der Stelle eines abgebrannten Vorgängerbaues errichtete St. Johannes-Baptista Kirche an der Werimboldstr.

Der Bach Grainink auch Grüning genannt, entsprang nördlich des Schulzentrums am Grüningsweg 42-44 in Dortmund - Asseln. Nach dem Bau der Zeche Holstein (1855-1928) versiegte der Bach. Die ehemalige Markenkontrolle (Eingang) der Zeche Holstein steht an der Donnerstr. 28 in Dortmund - Asseln. Mit Hochamt wird in der katholischen Kirche die feierliche heilige Messe an Sonn- und Feiertagen benannt.

Im Bölkoert, Körneschmiede und Halfmanns Haus sind unlokalisierbar. (Hinweis erbeten !)

Haus Kurl (WGS 84: 51.557917° 7.58185°)

Literaturnachweis

  • Palme, 1987, 36f. (nach Beisenherz, 363)


Hier finden Sie: Haus Kurl (51.557917° Breite, 7.58185° Länge)

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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Emschersagen. Von der Mündung bis zur Quelle.
Bottrop: Henselowsky Boschmann Verlag, 2006
ISBN 3-922750-66-4.




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