Die Wundertropfen zu Lünen
Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet
Ein gewisser Ritter, mit Namen Lübbert von Schwansbell, aus dem Orden des heil. Gregorius in Livland, wurde im Kriege gegen die Russen gefangen und sehr übel gehalten. Weil er aber in seinem Gefängnisse von keinem Menschen Trost hatte, wendete er sich zur heil. Jungfrau Maria, der Mutter der Barmherzigkeit. Als ihm nun zu einer Zeit ein Stück Fleisch, darin eine Rippe, gebracht worden war, nahm er dieselbe und kratzte damit auf einen Klotz, der im Gefängnisse war, das Bild der Maria mit ihrem Kinde auf dem Arme so gut er konnte, und betete täglich vor demselben um Erlösung aus der Gefangenschaft. Einst als er auch vor diesem Bilde seine Andacht verrichtete und der Kerkermeister unverhofft dazukam, suchte er zwar das Bild mit seinem Mantel zu verbergen, weil aber der Kerkermeister meinte, er wolle etwas verstecken, womit er sich aus dem Gefängnis erlösen könne, riss er ihm den Mantel weg, wurde des Bildes gewahr und fragte ihn nach der Bedeutung. Wie ihm nun Lübbert solche gab, von der Kraft der Maria Vorstellung tat und ihn zu bekehren suchte, sprach der Kerkermeister: »Ich will erfahren, ob Du die Wahrheit redest!« Darauf zog er einen Dolch heraus und stieß dreimal in das Bild und wunderbarer Weise flossen bei jedem Stoß drei Tropfen Bluts aus dem Holze, neun im Ganzen, so dass der Mensch bestürzt davonging. Lübbert aber nahm seinen Mantel und fing das Blut damit auf. Nachmals wurde er aus seinem Gefängnisse befreit und wie er nun wieder glücklich nach Westfalen kam, hat er von diesen Wundertropfen drei nach Alt-Lünen, drei nach Derne und drei nach Waltrop an die Pfarrkirchen geschenkt, wo sie auch viele Wunder verrichtet haben.
Anmerkungen
Schwansbell wird Ende des 10. Jahrhunderts zum ersten Mal erwähnt. Die Adelsfamilie, ursprünglich Ministerialen des Erzbischofs von Köln, dann des Bischofs von Münster, waren später Gefolgsleute des Grafen von der Mark. Vier Vertreter der Familie wurden zu Amtmännern des Amtes Lünen ernannt, drei Prämonstratenser des benachbarten Stiftes Cappenberg. Die Familie hatte einen besonderen Bezug zur St. Marien-Kirche. Lübbert von Schwansbell, der für das 13. Jahrhundert bezeugt ist, soll der Legende nach drei Blutstropfen aus einem von ihm in Gefangenschaft geschnitzten Marienbildes der Kirche verehrt haben. Der letzte männliche Nachkomme der Familie, Heinrich Adolf, verkaufte 1700 seinen Besitz seinem Schwiegersohn, Heinrich Wennemar von Merode. Heinrich Adolf starb 1713. Die Familie von Merode konnte das Gut nicht halten und ließ es 1776 versteigern. In der Folgezeit geriet Haus Schwansbell durch Verkauf und Vererbung in unterschiedlichen Besitz. 1872/75 wurde das heutige Schlossgebäude erbaut und das alte Haus abgebrochen. (Wingolf Lehnemann, Schloß Schwansbell, Informationen aus dem Museum der Stadt Lünen, 6)
Das Wasserschloss Schwansbell liegt in Lünen-Horstmar, Schwansbeller Weg 32-34 (Zufahrt über Seehuve). Die Anfänge der ehemaligen Wasserburg reichen bis ins 10. Jahrhundert. Schloss Schwansbell war einst Stammsitz der gleichnamigen Familie, die seit dem 12. Jahrhundert urkundlich belegt ist. Die mittelalterliche Schlossanlage ist in ihren Fundamenten erhalten. 1829 ging die Anlage in den Besitz des Grafen von Westerholt über. Das jetzige im neugotischen Stil erbaute Herrenhaus wurde 1875 vollendet und ist von außen zu besichtigen. Die Stadt Lünen erwarb 1929 das Schloss von dem Grafen Westerholt. Der Schlosspark lädt zum Verweilen ein. Im ehemaligen Gesindehaus befindet sich das Heimatmuseum der Stadt Lünen (Öffnungszeiten: Dienstag-Sonntag von 14-17 Uhr).
Die St.-Marien-Kirche in Alt-Lünen liegt am St. Marien-Kirchplatz. Um 1018 entstand der erste Steinbau der St.-Marien-Kirche.
Die evangelische St.-Dionysius-Kirche in Dortmund-Kirchderne am Grüggelsort wurde erstmals am 6. August 1032 urkundlich erwähnt. Die St.-Dionysius-Kirche stammt aus der Übergangszeit von der Romanik zur Gotik und ist eines der ältesten Beispiele für eine Stufenhalle. Die Dorfkirche mit ihrer beeindruckenden romanischen Raumstruktur wurde 1944 schwer kriegszerstört. Der Taufstein (11. Jh.) und wertvolle spätgotische und barocke Ausstattungsgegenstände blieben erhalten.
Die katholische Kirche St. Peter in Waltrop (Kreis Recklinghausen) steht am Kirchplatz.
Das Dorf Waltorpe entstand um die bereits 1032 schriftlich erwähnte Pfarrkirche St. Peter herum, welche auch heute noch zu Gottesdiensten genutzt wird.
Wasserschloss Schwansbell (WGS 84: 51° 38' 12" 32° 7' 32")
St.-Marien-Kirche, Lünen (WGS 84: 51.616831° 7.521214°)
St.Dionysus-Kirche, Dortmund (WGS 84: 51.556422° 7.506039°)
St. Peter, Waltrop (WGS 84: 51.623758° 7.395097°)
Multimedia
Gelesen von Gisela Schnelle-Parker, Aufnahme und Bearbeitung von Robin Parker.
Literaturnachweis
- Johann Georg Theodor Grässe, Sagenbuch des Preußischen Staates, Band 1, Glogau 1868, Nr.763 (nach von Steinen, St. VIII. S. 229)
Hier finden Sie: Wasserschloss Schwansbell (51.603450° Breite, 7.538440° Länge)
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