Die Sage von Haus Oefte
Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet
Am jenseitigen Ruhrufer, gegenüber von Kettwig, liegt Haus Oeft, ein altes schloßartiges Gebäude, versteckt inmitten von Bäumen und Gebüsch. Im 14. Jahrhundert lebte zu »Oefft auf der Ruren« der Ritter Eberhard von Oefte. Er war mit Kunigunde von Quade vermählt. Beide lebten glücklich und zufrieden und freuten sich des Söhnleins, das Gott ihnen geschenkt hatte. Da kam ihnen Unglück vom nahen Kattenschlosse her. Dort herrschte damals der Ritter von »Lüttelnau«. Er war ein mächtiger und starker Herr, aber noch mächtiger und stärker als er waren seine Feinde. Die Junker von Landsberg, Kalkum und Spede überfielen ihn plötzlich und überwältigten ihn. Alle Insassen des Schlosses wurden erbarmungslos niedergemacht, und auch der Ritter fiel. Nur seine Tochter, die schöne und stolze Arminia, entkam. In ihrer Not floh sie zum Haus Oeft hinüber und bat flehentlich um Schutz. Frau Kunigunde nahm sie freundlich auf und ließ sie fürder wohnen unter ihrem Dach. Das war ihr Unglück. Arminia war falsch und niederträchtig und lohnte mit Undank. Sie betörte den Ritter Eberhard und hetzte ihn gegen seine Gemahlin auf. Sie ließ ihm nicht Ruhe, bis er ihr versprach, Frau Kunigunde zu ermorden. Eberhard sträubte sich lange, aber endlich erklärte er sich doch bereit, und im Schutze der Nacht vollführten beide gemeinsam die fürchterliche Tat. Als sie geschehen, riefen sie mit lautem Geschrei die Dienerschaft herbei und erzählten unter Tränen, daß die Gräfin plötzlich gestorben sei. Da war großes Leid im ganzen Schlosse. Alle hatten die gute und sanfte Herrin lieb gehabt, alle trauerten sehr um sie, und unter zahlreichen Gebeten wurde sie zur letzten Ruhe getragen. Nun war ihr Söhnlein ein Waisenkind geworden, um das sich niemand kümmerte. Eine fremde Frau war bestellt, es zu hüten und zu pflegen, und auch sie versäumte ihre Pflicht. So erging es dem armen Kinde schlecht, aber die Mutter wachte darüber, obgleich sie auch gestorben war. In der Nacht erschien sie der Pflegerin, weckte sie auf und drohte ihr. Diese erschrak so sehr, daß sie folgenden Tags sogleich das Schloß verließ. Arminia lachte über die Gespensterfurcht. Sie wollte allem Spuk zum Trotz nun selber bei dem Kinde wachen, und sie tat es auch. Siehe, da erschien Frau Kunigunde zum zweiten Male, nun aber drohender und zürnender als zuvor. Was sie gesagt – niemand weiß es. Arminia hat es nie verraten. Als nach dieser Nacht der Morgen kam, war sie bleich und still geworden. Wortlos schritt sie aus dem Schlosse über die Zugbrücke in den Wald hinein. Sie sah nicht um und kam nicht wieder. Die Reue hatte sie ergriffen, und im Kloster zu Saarn tat sie Buße ihr Leben lang. Als sie geschieden war, ging auch der Ritter in sich und erkannte seine Freveltat. Auch ihn hielt es nicht länger in der Welt. Er übergab sein Söhnlein dem Pfarrer zu Mintard. Der sollte es erziehen und zum guten Menschen machen, weil er selbst sich dessen nicht mehr würdig hielt. Im Dickicht des Waldes erbaute er sich eine Klause und wohnte dort als strenger Büßer. Von dem Sohne Eberhards berichtet eine alte Schrift, daß er selbst die Priesterweihe empfangen und an der Ruhr segensreich gewirkt habe.
Anmerkungen
Haus Oefte liegt neben Oefte 2 und beherbergt heute einen Golfclub, so das der ehemalige Adelssitz auf Anfrage von außen zu besichtigen ist. Bereits um 820 wird Haus Oefte als ein zur Abtei Werden (siehe Sage 31) gehörender Hof urkundlich erwähnt. Der jetzige ansehnliche Bau stammt aus dem Jahre 1842. Zum »Kattenturm« siehe Sage 29. Zu Schloß Landsberg siehe Sage 23. Zu Kloster Saarn siehe Sage 21. Kalkum ist heute ein Ortsteil von Düsseldorf, Mintard gehört heute zu Mülheim.
Haus Oefte (WGS 84: 51.365467° 6.96245°)
Kattenturm (WGS 84: 51.368583° 6.960767°)
Schloß Landsberg (WGS 84: 51.3576° 6.919667°)
Kloster Saarn (WGS 84: 51.402917° 6.881917°)
Literaturnachweis
- Vos, Weinand, 76f. (mündlich)
Hier finden Sie: Haus Oefte (51.365467° Breite, 6.96245° Länge)
Diesen Ort mit weiteren Geodiensten anzeigen.
Weitere Sagen aus Essen.
Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:
Bottrop: Henselowsky Boschmann Verlag, 2005
ISBN 3-922750-60-5.
Der Text ist urheberrechtlich geschützt. Nähere Informationen: siehe Impressum.