Die Hexen von Schwerte

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Mühlstein

Der große Dreißigjährige Krieg war zu Ende. Aber das Elend lag noch viele Jahre über dem ganzen Land. Manche Gesellen, die ehedem die Muskete getragen hatten, liefen verwildert daher und waren noch lange Zeit ein Schrecken aller ehrbaren Menschen. Einer von ihnen klopfte eines Tages bei der Schwerter Mühle an, dass man ihm Arbeit gebe. Der Müller indes war misstrauisch und wollte ihn zuerst nicht nehmen. Am Ende stellte er ihm dennoch ein und schickte ihn gegen Abend in die Mühle, allwo er ein Probestück ablegen sollte, nämlich ein ansehnlich Maß Korn zu Mehl mahlen und vielleicht noch etwas dazu. Aber das sprach der Müller nicht aus, denn er hatte seine Heimlichkeit und dachte an den Spuk, der um Mitternacht in der Mühle umging, und es war noch kein Gesell lebend wieder herausgekommen. Der Bursche griff sein Werk tapfer an, machte nebenher ein starkes Feuer und hing einen Kessel mit Wasser darüber. Als er alles Korn gemahlen hatte, stellte er die Mühle still, legte sich ans Feuer und horchte auf das Singen des Wassers. Es schlug Mitternacht. Beim letzten Schlag sprang eine große Katze herein und setzte sich auf einen Balken, der da beim Feuer lag, gerade dem Müllerburschen gegenüber. Flugs kam eine zweite Katze und noch eine und mehr und setzten sich allesamt um das Feuer herum, als gehörten sie dazu. Plötzlich begann die Katze, die zuerst hereingekommen war, zu sprechen und rief zischend dem Müllerburschen ins Gesicht: »Sall es di es friätten?« (Soll ich dich fressen? - D. S.) Kaum hatte sieʼs gesagt, schrie die ganze Sippschaft die gleichen Worte, und ein jedes Vieh machte schon die Haltung zum Sprung, und die Augen funkelten wie Feuer. Da sprang der Bursche auf, ergriff eine Schüssel, fuhr damit durchs heiße Wasser und ergoss es über die Katzen und tat so immer wieder, so rasch er nur konnte. Es gab ein gräuliches Geschrei und – kopfüber, kopfunter – stürzten sie dem Loch zu, daher sie gekommen waren. Der Knecht warf noch ein Beil hinter ihnen her und traf damit die größte Katze, also dass ihr eine Vorderpfote abgehackt war. »Die wirdʼs Wiederkommen vergessen!« sagte er vor sich hin. Der Meister traute seinen Augen nicht, als er den Knecht am anderen Morgen unversehrt vor sich stehen sah. Der Knecht erzählte von dem Spuk und setzte sich zu Tisch. Ob die Meisterin nicht komme, fragte er. Der Müller wich aus, verriet dann aber, dass sie bei der Nacht einen Zufall gekriegt habe und zu Bett liege. Das bedauerte der Knecht und erbot sich zu helfen, denn er verstünde sich wohl aufs Kurieren. Der Müller brachte ihn in die Kammer. Der Knecht aber machte große Augen. Er sah, dass die Müllersfrau ihren Armstumpf mit einem Tuch, von Blut durchtränkt, umwickelt hatte. Da ging dem Knecht ein Licht auf. Er verließ die Kammer sogleich, und es ward ihm diesmal gruselig zumute, ging hin und sagte vor Gericht aus, dass sie eine Hexe sei. Sie wurde herangezogen und so lange gepeinigt, bis sie auch die anderen Hexen nannte, die sich in Katzen verwandelt hatten. So kamʼs heraus. Und ein groß Feuer wurde zu Schwerte gemacht, und die Hexen wurden verbrannt, sechs auf einen Tag.

Anmerkungen

Zur Lage der Mühle siehe Sage 111.

Alte Mühle (WGS 84: 51.438765° 7.571142°)

Literaturnachweis

Kühn, 88–90


Hier finden Sie: Alte Mühle (51.438765° Breite, 7.571142° Länge)

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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Ruhrsagen. Von Ruhrort bis Ruhrkopf.
Bottrop: Henselowsky Boschmann Verlag, 2005
ISBN 3-922750-60-5.





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