Die Ahnfrau von Brabeck

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Relief Ahnfrau in Wien

I. Einst war der Burgherr von Brabeck nicht zu Hause, als mehrere Ritter Einlaß begehrten. Sie wurden von dem Burgvogt aufgenommen. Die Fremden aber waren wilde Gesellen, erkundigten sich nach der Ahnfrau des Hauses und hatten ihren Spott. Als nun das Mahl aufgetragen werden sollte, stolperte der Edelknabe über die Saalschwelle, daß die Schüssel zerbrach. Als er zum zweitenmal kam, hatten sich Brote und Schinken in Steine verwandelt, und gerade erhob sich der gebratene Truthahn aus der Schüssel und flog mit lautem Geschrei zum Fenster hinaus. Der Wein in den Humpen schmeckte wie stinkendes Wasser. Da fluchten die Ritter und tobten. Plötzlich aber wurden ihnen die Sessel unter dem Leibe weggezogen und sie fielen zu Boden und konnten sich nicht mehr erheben, soviel sie es auch versuchten. Nun erloschen die Kerzen, und unter gewaltigem Krachen wich der Boden, und die Ritter stürzten in, ein tiefes Gewölbe hinab, wo sie am andern Tage mit zerschlagenen Gliedern gefunden wurden.

II. Einmal hatte ein Knappe im Weinrausch die Ahnfrau zum Kindtaufschmaus geladen. Als die Gesellschaft am anderen Tage zu Tische saß, erscholl plötzlich draußen ein donnerähnliches Getöse. Die Tür sprang auf, und herein schwebte die Ahnfrau in weißem Gewande. ' Sie forderte ein Glas Wein, leerte es auf das Wohl des Säuglings und lud den Vater über acht Tage zu sich zu Gaste. Sie wollte ihn selbst abholen. Dann verschwand sie. Nach acht Tagen kam sie wieder und forderte den Knappen auf, ihr zu folgen. An allen Gliedern hebend, wankte er hinter der Ahnfrau her bis in das Grabgewölbe der Burg. Hier verschwand sie plötzlich und ließ ihn allein mitten unter den Särgen stehen. jetzt sah der Knappe mit Entsetzen, wie sich die Deckel der Särge hoben, die Gerippe herausstiegen und ihre Knochenarme nach ihm ausstreckten. Ohnmächtig sank er zu Boden. Am Morgen kam er wieder zu sich; da stand die Ahnfrau neben ihm und tröstete ihn. Ein böses Fieber warf ihn aufs Krankenlager, wovon er sich nicht wieder erhob.

III. Einst kehrte ein Pilger auf Burg Brabeck ein. Als er abends aus der Burgkapelle trat, ging wieder die Ahnfrau vorüber. Noch ehe sie im sogenannten blauen Zimmer verschwinden konnte, faßte sich der Pilger ein Herz und rief die Erscheinung an und fragte, wie sie erlöst werden könne. Da führte sie ihn nach dem Turm, in dem sich das Burgverlies befand und wies auf die Gebeine, die noch unbegraben dort unten lagen. Am andern Tage sorgte der Pilger dafür, daß die Gebeine begraben wurden; auch ließ er eine Messe über dem Grabe lesen. Seitdem ward die Ahnfrau nicht mehr gesehen.

Anmerkung

Edelknabe war die Bezeichnung des Sohnes eines Adeligen. Die Gräftenanlage Haus Brabeck (Privatbesitz) liegt am Brabecker Feld 27 und ist weder von außen noch von innen zu besichtigen. Ein steinerner Altaraufsatz (Rentabel), der die Grablegung Christi darstellt, befindet sich im Flur der ersten Etage des Gutshauses; auch ist der Burgturm renovierungsbedürftig erhalten. Eine Kapelle ist nicht mehr vorhanden. Der Adelssitz war schon im 10. Jahrhundert ein Lehen der Benediktinerabtei Werden. Die Herrn von Brabeck waren Ministeriale der Abtei Werden. Das bedeutet, dass sie als Beamte, also als Verwalter der Unterhöfe, verantwortlich für Dienste und Abgaben und als Ritter und Vögte (Verwalter) verantwortlich für den Schutz der Höfe waren. Die Familie von Brabeck wurde urkundlich erstmals 1247 erwähnt. Ein »Blaues Zimmer“ in Haus Brabeck ist unlokalisierbar. Hinweis erbeten ! Zu Haus Brabeck siehe auch die folgende Sage.

Haus Brabeck (WGS 84: 51.590069° 6.937759°)

Literaturnachweis

  • Vetter, Mein Vestisch Land, Recklinghausen 1949, 102f. ; in Am. verwendete u. weiterführende Lit. : Kollmann, 83-85


Hier finden Sie: Haus Brabeck (51.590069° Breite, 6.937759° Länge)

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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Emschersagen. Von der Mündung bis zur Quelle.
Bottrop: Henselowsky Boschmann Verlag, 2006
ISBN 3-922750-66-4.




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