Der spukende Geist auf dem alten Hof
Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet
Es wird erzählt, dass sich auf dem alten Hof das große Hoftor von selber öffnet und von selber schließt. »Wie, von selber?«, sagt die alte Großmutter dann, »von selber ist nichts in der Welt, nur der Tod. Von selber? Nachher sagt ihr auch noch, dass ist der Geist. Und warum denn auch? Auf jedem Hof ist ein Geist, mal ein guter, mal ein böser, und ein böser Geist ist immer nur sehr schwer wegzubringen....« Und sie erzählt, dass früher manchmal morgens, wenn sie aufstanden, die Pferdemähnen geflochten gewesen wären. So was macht der Geist. Auch, dass nachts die Türen auf- und zugehen und dass die Eimer und die Töpfe rappeln. Das sei alles nicht schlimm, und davor brauchte man sich nicht zu fürchten. Etwas anderes aber wäre es, wenn morgens früh eine eiserne Kugel im Hof läge. Die müsse man ja liegen lassen. Wenn einer gegen sie tritt, dann springen sieben Katzen heraus, und wo sie hinspringen, da kann allerlei Unheil entstehen.
Großmutter erzählt die Geschichte von dem Geist, der dem alten Bauer mit seinen Spukereien denn doch zu lästig geworden wäre. Da habe er einen Mönch vom Kloster Marienthal geholt, und der habe den Geist gebannt. Es sei ihm gelungen, ihn auf den großen Wagen zu bekommen. Aber als sie dann das Pferd davor gespannt hätten, sei es ihnen nicht gelungen, den Wagen von der Stelle zu bekommen. Sie haben das andere Pferd dazugeholt, und die beiden Pferde hätten, wie sie sich auch in die Ketten legten, den Wagen nicht bewegen können. Mit Hilfe der Nachbarspferde und irgendeinem Spruch sei es zuletzt doch gelungen. Sie hätten den Geist auf die »dröge Wej«, die trockene Weide, gefahren, und von da komme er nun, jedes Jahr einen Hahnenschritt vorwärts, wieder auf den Hof zu. Und wer Lust hat, mag sich ausrechnen, von welchem Jahr an er wieder sein Unwesen treiben wird. Aber die »dröge Wej« liegt weit hinter dem Hof, und solange einer der heutigen Menschen lebt, wird es nicht sein.
Literaturnachweis
- Erich Bockemühl, Sagen links und rechts der Lippe, Band 2. Duisburg o.J., S. 57f.
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