Der Venusberg

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Tannhäuser im Venusberg

Tannhäuser: ... Doch such ich wen, der mir den Weg wohl zeige, den Weg, den einst so wunderleicht ich fand. Wolfr: Welcher Weg? Tannhäuser: Den Weg zum Venusberg! Richard Wagner, Tannhäuser, 3. Akt, 3. Szene

Im Rauendahl, dort, wo der Turm der Priesterin stand, war es seit Veledas Zeiten nicht mehr geheuer. So heißt es in Westhofs Dortmunder Chronik vom 29. Juni 1535: In der Grafschaft Mark ist heutzutage ein Berg im Rauendahl bekannt, in den oftmals Leute hineingeführt werden. Wundersame Ereignisse sollen sich darin abspielen, wie diejenigen zu berichten wissen, die dorthin geführt wurden. Es soll dort verschiedene Kammern geben, Raum genug zum Tanzen, große Stühle und Bänke, Küche und Herd. Dort kocht und brät man, tanzt und springt und läßt sichʻs herrlich ergehen. Aber nach all der Wollust sollen dort grauenerregende Hollen- und Lockwesen erscheinen, welche nach dem Tanzen hereingelaufen kommen, dann herrscht dort schreckliches Schreien, Klagen und Jammern. Und immer, wenn einer in den Berg geführt wird, verbietet ihm der, welcher ihm den Eingang weist, später mit irgendjemandem darüber zu reden. Wenn er all dies Treiben mitansehen und mitanhören wolle, dürfe er nicht darüber reden – was immer er auch gesehen habe, was immer er auch gehört habe – selbst wenn man es ihm befiehlt oder ihn mit Versprechen lockt. Und wenn jemand durch diese Zusage erreicht, daß man ihn aus dem Berg im Rauendahl freiläßt, so wird er unversehrt wieder hinausgeführt. Aber dann ist er so grau, als hätte er hundert oder mehr Jahre gelebt, obschon er nicht lange dort drinnen gewesen ist. An anderer Stelle heißt es, daß dort, wo sich einst der Veledaturm befand, allerlei heidnisches und teuflisches Unwesen getrieben werde. Es heißt, der Satan persönlich vollführe in dieser Gegend seine gräßlichen Untaten. Zu ihm kämen die weisen Frauen, seine willfährigen Werkzeuge, die in seinem, des Teufels Namen, ihre Orakel sprächen. Viele fahrende Schüler kämen zu diesem Ort, des Satans Schule, und später rühmten sie sich, im Venusberg gewesen zu sein und viele seltsame Künste gelernt zu haben. Tannhäuser suchte den Venusberg noch am Hörselberg bei Ei-senach/Thüringen. Wir finden die sagenhafte Anhöhe in unserer Gegend: Der mit 164 Metern höchste Berg in Sundern, der Wienkopp, dürfte mit dem Venusberg identisch sein. Sprachlich hat sich dann Venus zu Wien (= weit) abgeschliffen. Kopp steht im Mittelniederdeutschen für Berg(-kuppe). Der Wienkopp wurde in den Dreißiger Jahren als Freilichtbühne genutzt. Auch war geplant die Bühne als Thingplatz auszubauen, um dort zum Beispiel die Sommersonnenwende zu feiern. Tatsächlich birgt dieser Berg direkt unterhalb des einstigen Veranstaltungsortes manche Höhlung aus der Bergbauzeit. Links von der Gaststätte Zum Wienkopp (Obernbaakstr. 25) wo alte Fotos von der Freilichtbühne ausgestellt werden – dem Fußweg bis zur Kreuzung folgen. Dort links abbiegen und dem ersten Weg rechts folgen. Unterhalb der zwei Bänke liegt ein heute bewachsener Hang, der vormals von Sitzreihen, mit Blick auf die Bühne, umgeben war. Die Straße Wienkopp liegt am Rand der Anhöhe. Wien wohl von althochdeutsch »wihen« abgeleitet, bedeutet geweiht, heilig. In der zuletzt angeführten Sage ist es wohl auf den Einfluß von kirchlich orientiertem Denken zurückzuführen, daß das nichtchristliche Kultgeschehen negativ bewertet wird. Prophetinnen, bei den Germanen oft Hollen genannt, begegnen uns schon im Alten Testament der Bibel. Dort heißt es: »Damals war Debora, eine Prophetin, die Frau des Lappidot, Richterin in Israel. Sie hatte ihren Sitz unter der Debora-Palme zwischen Rama und Bet-El im Gebirge Ehaim, und die Israeliten kamen zu ihr hinauf, um sich Recht sprechen zu lassen ...« (Richter 4ff.). Schließlich gibt C. A. Kortum 1818 »... Nachricht von den in einem nahen, hohen Berghügel (am Rauendahl) befindlichen mannigfaltigen, äußerst (eigen-) artigen Naturspielen, welche sich, von Alters her, aus von oben durch Fluten herabgeschwemmten und in der Folge eingetrockneten Tonerde und Sand gebildet haben. Der gemeine Haufe hält solches für Fabrikate der Erdmännchen, welche hier wohnen und, nach der mir gewordenen Versicherung eines glaubhaften alten Weibes, sogar zuweilen allda lustige Schmäuse feiern sollen.« 

Wienkopp (WGS 84: 51.427805° 7.199049°)

Gaststätte »Zum Wienkopp« (WGS 84: 51.426195° 7.192893°)

ehem. Standort Veledaturm (WGS 84: 51.4176° 7.184933°)

Literaturnachweis

  • Vgl. Sondermann, BS,, 91f–93 (vgl. Carl Arnold Kortum, Schreiben an den Eremiten im Arnsberger Walde ..., 1818, in: Schaller, K., Die Sache endlich ins Reine bringen, Essen 1996)


Hier finden Sie: Wienkopp (51.427805° Breite, 7.199049° Länge)

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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Ruhrsagen. Von Ruhrort bis Ruhrkopf.
Bottrop: Henselowsky Boschmann Verlag, 2005
ISBN 3-922750-60-5.





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