Der Totengräber zu Unna

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Linde

Als vor Hunderten von Jahren in Unna der Schwarze Tod fürchterlich umging und die Pest in beinahe jedem Haus Einkehr hielt, da verschonte das große Sterben auch nicht den alten Totengräber. Der eigene Sohn, der das Amt des Vaters weiterführte, schaufelte ihm die Grube. Arbeit gab es in jenen Tagen für ihn mehr als genug. Der Toten waren so viele, die Menschen starben so schnell hintereinander, dass er oft erst beim Begräbnis hörte, wem er in aller Eile die letzte Ruhestatt bereitete, denn die Obrigkeit sah darauf, dass der von der Pest Dahingeraffte sofort in die Erde kam. Eines Tages näherte sich wieder ein Trauerzug einer Grube, die der junge Totengräber eben erst ausgehoben hatte. Er erblickte plötzlich im Totengefolge die Brüder des Mädchens, das er bald heiraten wollte. Seiner Braut hatte er dieses Grab geschaufelt. Da schleuderte er den Spaten voller Schmerz und Verzweiflung beiseite, so dass er in der Erde steckenblieb, und haderte wider den Herrn, Es gibt einen Gott so wenig, wie der Spatenstiel Blätter tragen kann!« Darauf kehrte er dem Friedhof den Rücken und ward nicht mehr gesehen. Viele Jahre vergingen. Eines Tages zog ein Reitertrupp in die Stadt Unna ein. Während die Geharnischten sich an Bier und Fleisch und Brot gütlich taten, schritt ihr Hauptmann zum Friedhof. Da fiel sein Blick auf eine junge Linde, und der Hauptmann wußte nun, dass der Spaten, den er als Totengräber von sich geworfen hatte, zerfallen mit seinem Gott, ihm auf wunderbare Weise das Sein des Allmächtigen zeigen sollte. Der Hauptmann legte Pallasch und Sporen, Sturmhaube, Koller und Feldbinde ab und zog als Pilger zu heiligen Stätten, um seinen Zweifel zu sühnen.

Anmerkungen

1597 wütete die Pest in Unna. Ein Pallasch, von ungarisch: Pallos = Schwert, ist eine Hieb- und Stichwaffe mit gerader Klinge. Ein Koller ist als Halsschutz ein Teil der Rüstung. Eine Feldbinde auch Schärpe genannt, war ein um Schulter, Arm oder Leib getragener Schmuck der militärischen Uniform. Der Friedhof lag wohl am Kirchplatz. Siehe die Anmerkung zur vorangehenden Sage.

Stadtkirche Unna (WGS 84: 51.534854° 7.691599°)

Literaturnachweis

  • Palme, 1987, 89


Hier finden Sie: Stadtkirche Unna (51.534854° Breite, 7.691599° Länge)

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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Emschersagen. Von der Mündung bis zur Quelle.
Bottrop: Henselowsky Boschmann Verlag, 2006
ISBN 3-922750-66-4.




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