Der Stein der Weisen

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Der Alchemist beim Suchen nach dem Stein der Weisen (1771), Joseph Wright of Derby

Im Westfälischen Anzeiger, Nr.152 aus dem Jahre 1800 führt C.A. Kortum folgende Rezeptur an, um aus Blei Gold herzustellen. Warum also noch Lottospielen? Der Stein der Weisen, besser als jede private Altersvorsorge:

Nimm die Menses (Monatsblut) von einer reinen Jungfrau. Digeriere sie mit der zweiten Materie, und setze hernach den 7ten Teil der vierten Materie (Stoff) hinzu. Glühe es dreimal drei Stunden im Feuer und lauge dann das Sal (Salz) heraus. Wenn du dann den Mond (Mondstein? = Kalifeldspat) nimmst und setzest ihn zu diesem köstlichen Salz: so wirst du eine purpurrote Substanz erhalten, und die Sonne gehet dir auf. Dann wasche und reinige dich wohl, und bete sieben Nächte, und kehre dein Antlitz gegen Morgen. In der siebenten Nacht nimm die aufgehende Sonne aus dem Tigel und paare sie mit der dritten Substanz, die da ist, der Merkurius (Quecksilber), und lasse sie siebenmal sieben Stunden im stärksten Feuer digerieren und sublimieren. Du wirst dann eine Substanz erhalten, die schwer ist, aber auch nicht schwer, die kalt ist, aber auch nicht kalt, die feucht ist, aber auch trocken. Wenn du diese Substanz nimmst und paarest sie mit dem reinen Stoffe des Lichts: so wird dir zum zweitenmal die Sonne aufgehen. – Wenn du dich gegen Morgen wendest, so gehet sie dir nach sieben Tagen und sieben Nächten zum dritten Mal auf, und der lapis philosophorum (Stein der Weisen) glänzt dir mit den sieben Farben des Regenbogens entgegen. Dieser köstliche Stein heilet alle Krankheiten und verwandelt alle unedle Metalle in das edle Gold, und wenn du auch nur ein Quentchen unter einen ganzen Zentner Blei tun würdest, so wird sich doch während des Flusses das Blei in Gold verwandeln.« 

Die Schüler in der Alchimie fragen sich gewöhnlich untereinander: »Ob sie die Meister verstehen?« Aber sie sollten vorher fragen: »Ob die Meister sich selber verstehen?« Ich habe viele Alchimisten gelesen, nachdem ich vorher so viel Chemie studiert hatte, um sicher zu sein, kein Narr zu werden, und um zugleich die Sache ein wenig beurteilen zu können. Das Endresultat, mit dem ich ein jedes Alchimistische Buch weglegte, war dieses: Dass diese Leute bei einer sehr dürftigen und verworrenen Kenntnis der Natur, einen Galimathias (sinnloses Gerede) von einer Sprache sprechen, den sie selber nicht verstanden. – Freilich haben wir der Alchimie und dem Zufall einige wichtige Entdeckungen zu verdanken, und unsere heutige Chemie ist eine Tochter der Alchimie. Diese Abstammung ist zwar gerade nicht ehrenvoll für sie, aber, sagte der selige Green, was kann die Tochter dafür, dass sie eine närrische Mutter gehabt hat.

Zusammen mit seinem Freund Dr. Bährens aus Schwerte bildete Kortum die gesamte Mitgliedschaft der von ihm gegründeten »Hermeneutischen Gesellschaft«. Mit scheinbarer Ernsthaftigkeit verteidigte er darin die Alchemie. »Der gelehrte Doktor hat sich sicherlich einen besonderen Spaß daraus gemacht, den abergläubigen Unsinn, den ihm Freunde der Alchemie aus allen Teilen Deutschlands zuschickten, zu lesen« (v. Scheven).

Anmerkungen

digerieren: lösliche Anteile ausziehen; sublimieren: vom festen in einen gasförmigen Zustand übergehen lassen und umgekehrt; hermeneutisch: erklärend, auslegend.

Literaturnachweis

  • Kortum, 1800, 281;
  • v. Scheven, 19




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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Bochumer Sagenbuch.
Verlag Pomp, 2004
ISBN 978-3893550678.




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