Der Schatz von Burg Hardenstein
Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet
Nach einer alten Überlieferung geschah in den Ruinen der einstmals stolzen Burg Hardenstein diese seltsame Begebenheit ... Der Sommertag hielt nicht, was er versprach, erhellte eben die Sonne noch den Wald, zogen nun Gewitterwolken auf. Schon gingen die ersten Blitze zu Tal. Zwei Burschen, die unterhalb der Ruine am Ruhrufer spielten, wurden von dem Unwetter überrascht und suchten in einem Stollen Unterstand. Der Stollen führte Wasser, das in den angrenzenden Fluß mündete. Neugier ließ die beiden tiefer in den Gang eindringen, der vom Tageslicht kaum erhellt wurde. Plötzlich standen sie vor einem unterirdischen See, jedoch schien dieser seicht zu sein. Sie wateten hindurch und erblickten an dessen Ende einen weiterführenden Weg; so drangen die Burschen immer tiefer und tiefer in den Stollen ein. Nach einer Weile kamen sie in ein hohes Gewölbe. Doch welch ein Anblick: unter verfallenen Mauerresten und modernden Balken lagen Gebeine von Leichen, Skelettreste, teils mit rostigen Ketten an den Wänden verankert. Dies konnte nur ein Verlies der Ruine Hardenstein sein. Da – in einer Nische, halb verborgen, stand eine hölzerne, reich mit Eisen beschlagene Truhe. Schon zerschlugen sie das Schloß der Truhe, öffneten sie und waren geblendet. Reiches Geschmeide, Gold, Silber und Edelsteine zuhauf! Gierig stürzte sich der erste mit beiden Händen auf den Schatz, da plötzlich – ein lauter Aufschrei. Etwas fesselte ihn. Hände, Kopf, Glieder, alles war wie mit Eisen beschwert. Schwere metallene Reifen schienen ihn zu schnüren, waren aber nicht zu sehen. Er spürte die Marterketten, aber sie blieben unsichtbar.
Voller Entsetzen entfloh sein Spielgeselle und ließ ihn allein zurück. Verzweifelt sank der Gefesselte auf die Knie, um zu Gott zu beten, schließlich fiel er in eine erlösende Ohnmacht. Doch welch ein Wunder, als er erwachte, waren die Lasten von ihm gefallen, er konnte sich frei bewegen, nur seine Handgelenke wurden noch von unsichtbaren Reifen geschnürt. Schnell eilte er zurück zum Stolleneingang und dankte Gott für seine Rettung. Die unsichtbaren Handfesseln hat er jedoch bis zum Ende seines Lebens tragen müssen. (Mündlich überliefert von Herrn Bernd Schmidt/Dortmund-Lütgendortmund, 1986.)
Anmerkungen
Sie sind der Meinung, daß diese Art von Schatzsagen inhaltsarme Nebelgebilde der ausgeprägten Phantasie früherer Generationen seien? Sie würden wohl recht behalten, gäbe es nicht hin und wieder Ereignisse folgender Art: Man braucht nicht in die Ferne schweifen und auf den sensationellen Fund des Hobbyarchäologen Heinrich Schliemann aufmerksam zu machen, der vor 120 Jahren aufgrund Homers Sagen vom Trojanischen Krieg in der Tat Troja entdeckte und Ausgrabungen tätigte. Reisen wir in die Randregion des Ruhrgebietes, nach Oberaden bei Bergkamen. Dort erzählte man sich in alter Zeit, ein König sei in dieser Region in prächtigen Gewändern, mit Gold und Geschmeide ausgestattet, begraben worden. Kleine blaue Flämmchen, sogenannte Schatzlichter, sollten bisweilen diesen Ort anzeigen. In aufgeklärter Zeit glaubte wohl niemand an einen Wahrheitsgehalt dieser Sagen, bis um die Jahrhundertwende ein Pfarrer den Volksmund beim Wort nahm und dort nachgrub. Nicht weniger als ein Römerlager entdeckte er daraufhin, eine Außenstelle des großen Lagers bei Xanten, um 11 v. Chr. vom Heerführer Drusus während der Regierungszeit Kaiser Augustus angelegt. Der »Schatz« bestand wohl aus Grabbeigaben für verstorbene römische Offiziere. Soviel zu der These: Volkssagen haben oft einen historischen Kern! Die Ausgrabungsfunde sind im Stadtmuseum von Bergkamen, Jahnstr. 31 zu besichtigen.
Wenn Sie nun der Empfehlung nachkommen möchten, die Burgruine Hardenstein zu besuchen, so bitte nicht mit Schaufel und Spaten bewaffnet, auf der Suche nach einem sagenhaften Schatz. Die reizvolle Lage Hardensteins und die sehenswerte Burgruine bieten zum Ausgleich einen wertvollen optischen Schatz, an dem Sie um so reichlicher Anteil haben können.
Burg Hardenstein (WGS 84: 51.420717° 7.3015°)
Literaturnachweis
- Sondermann, BS, 135f. (mündlich)
Hier finden Sie: Burg Hardenstein (51.420717° Breite, 7.3015° Länge)
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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:
Bottrop: Henselowsky Boschmann Verlag, 2005
ISBN 3-922750-60-5.
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