Der Graf von Berge, der Magister von Buer und der Teufel

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Muränen im Zoo Frankfurt

Ein Graf Egon von Schloß Berge bei Buer war ein lustiger Herr. So hielt er auch viel Trinkgelage ab und prahlte immer mit seinem Reichtum. Ein Magister aus Buer wurde auch oft eingeladen. Wie er auch vergnügt sein dürfe, meinte der Graf eines Abends, wie er doch alles hätte, jeden Wunsch könnte er sich erfüllen, und damit zählte er dem Magister wieder seine Besitzungen auf. Ja, sagte der Lehrer, der Graf wäre gewiß reich und hätte auch viel leckere Speisen, er könne sich gewiß in jeder Beziehung was leisten, aber eine Fischart hätte er doch noch nie bei ihm gesehen. Er meinte die Muränen. Die kämen nur in Italien vor. Da lachten alle Herren darüber, daß der Graf doch nicht alles hätte. Darüber war der Stolze heftig erbost und sprach: »Montag ist mein Geburtstag, - es war aber schon Samstag vorher – da werde ich Muränen auftischen. Ich gebe mein Wort darauf. «

Abends saß er in seiner Kammer allein und erkannte, welche Dummheit er mit seinem Versprechen begangen hätte. Wie sollte er in eineinhalb Tagen Muränen aus Italien bekommen ! Schließlich rief er: »Es ist mir gleich, wer sie bringt, und wenn es der Teufel ist, die Hauptsache ist, daß ich welche bekomme. «

Als er das gesagt hatte, klopfte es an die Tür, und herein trat der Teufel. Der Schwarze bot sich an, bis Sonntag abend um 12 Uhr die Muränen zur Stelle zu schaffen, falls der Graf ihm seine Seele verschreibe. Davon wollte jedoch der Graf nichts wissen und jagte ihn hinaus. Als er dann wieder eine Viertelstunde nachgedacht hatte und sich sagte, daß er seine Ehre verfändet habe und sie beflecken würde, wenn er die Muränen am Montag nicht auftischen könne, sprach er noch einmal, der Teufel möge hereinkommen. Wieder trat der Unheimliche ein, beteuerte nochmals, falls er Sonntag vor 12 Uhr mit den Muränen nicht da sei, wäre der Graf frei. Dieses Mal schlug der Graf sofort ein, und der Teufel nahm ein Tröpfchen vom Blute des Grafen und hieß ihn seinen Namen in ein Buch schreiben.

Darauf machte sich der Satan fort, holte einen Korb und flog nach Italien hinein. Am anderen Morgen jedoch quälte den Grafen sein Pakt mit dem Teufel so, daß er den Magister rufen ließ und ihn fragte, ob er ihm nicht helfen könne. Der Lehrer dachte lange nach und sagte dann, er wolle es sich überlegen. Darauf ging er fort. Der Graf legte sich beruhigt auf sein Bett; denn er hatte die ganze Nacht nicht geschlafen. Der höllische Zauberer jedoch sputete sich; in einem Tage nach Italien zu fliegen, dort einen Korb voll Fische zu angeln und wieder nach Deutschland zurückzukehren – man denke: das alles in einem Tag.

Doch kam der Teufel Sonntag abends noch wieder zurück und glaubte früh genug da zu sein. Gerade schwebte er über dem großen Teiche bei Schloß Berge, da schlug die Kirchenuhr vom Kirchturm in Buer. Er war überzeugt, sie müsse zwölf schlagen, dann wäre er vor dem letzten Glockenschlag dem Vertrag entsprechend noch im Schloß gewesen. Aber der Schwarze wäre grün vor Ärger geworden, wenn ihm die Höllenfarbe nicht so durch und durch gegangen wäre, denn es schlug nur – eins. Da erkannte der Teufel, daß er sich nicht genug beeilt hätte, stieß einen schrecklichen Schrei aus und schmiß den Korb mit Fischen unter sich in den großen Teich. Der Graf aber atmete erleichtert auf, als es ein Uhr schlug und dachte:« Wenn du schon dieses Mal dein Wort nicht halten kannst, bist du doch wenigstens von dem Bösen befreit.

Als er sich am anderen Morgen anzog, wurde ihm der Koch gemeldet. Dieser berichtete ihm, zwei Fischer seien gekommen und hätten seltsame Fische geangelt. Der Graf lies sie sich zeigen und kannte die Fische noch nicht. Da jedoch ging ihm die Sache plötzlich durch den Kopf, und er lies den Magister rufen. Dieser erkannte die Fische als Muränen, und darauf erzählte er dem Grafen, er habe durch den Küster die Turmuhr eine Stunde vorstellen lassen. Darauf sei der Teufel hereingefallen. Der Graf atmete erleichtert auf, da er nun auch noch sein Wort halten konnte. Für diese Mal war er nur mit der Angst bestraft und hütete sich wohl den Teufel noch einmal herbeizuholen. (Schmitt)

Im Weinkeller von Schloss Berge soll vormals ein mit Ketten behangenes, bärtiges Schlossgespenst gespukt haben, das die Zecher vertrieb.

Anmerkung

Die Ursprünge von Schloss Berge an der Adenauer Allee 103 reichen wohl bis ins 11. Jahrhundert zurück. Seine jetzige, spätbarocke Gestalt wurde 1788 fertiggestellt. Kaiser Napoleon I. und Marschall Blücher nächtigten dort. Seit 1924 ist die mit einem wasserreichen Park umgebene repräsentative Anlage im städtischen Besitz und beherbergt eine Kunstgalerie und ein Restaurant.

1433 gelangte das Anwesen an den vestisch-kurkölnischen Statthalter Heinrich von Backem auf Haus Leithe. Sein Sohn Dietrich wurde auf dem Weg zur Urbanuskirche in Buer von Adrian von Sobbe zu Grimberg ermordet (siehe Sage 43). Ab 1770 bis zum Verkauf der Anlage waren die Grafen von Westerholt-Gysenberg, die auch in vestischen Diensten standen, Eigner des Schlosses. Mehrmals trugen sie den Vornamen »Egon“ wie in der oben angeführten Sage.

Muränen sind räuberische, aalförmige auch im Mittelmeer lebende, geschätzte Speisefische. Sie werden bis 1,5 Meter, selten 3Meter lang. Ihr Biss ist giftig.

Schloss Berge (WGS 84: 51.5686° 7.068717°)

Literaturnachweis

  • Prof. Schmitt aus Buer, in: VK 1928, 47; in Am. verwendete u. weiterführende Lit. : Gustav Griese, Burg und Schloß Berge, in: Griese, 84-95


Hier finden Sie: Schloss Berge (51.5686° Breite, 7.068717° Länge)

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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Emschersagen. Von der Mündung bis zur Quelle.
Bottrop: Henselowsky Boschmann Verlag, 2006
ISBN 3-922750-66-4.




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