Der »tolle« Christian von Braunschweig zieht an Werne vorbei

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Herzog Christian von Braunschweig

Nach schweren Schicksalsschlägen – die Stadt Werne hatte die Pest, Plünderungen und Besetzungen zu bestehen gehabt – brachte der 30jährige Krieg neue Schrecken. Vor allem die Kreuz- und Querzüge des »tollen« Herzogs Christian von Braunschweig versetzte die Bürgerschaft in Angst. So war es auch 1623, als der Herzog, von Lünen kommend, auf Werne zuzog, um seine Kriegsvölker gegen Münster einzusetzen. Die Heerstraße führte am Nordufer der Lippe entlang, wo immer viel Nebel herrschte. So geschah es, dass der Herzog an der im Nebel liegenden Stadt vorbeizog, ohne sie zu bemerken, so dass die befürchtete Ausplünderung nicht stattfand. Andere sagen, dass der Bürgermeister und einige Stadträte dem Herzog entgegengeritten seien und um Gnade gebeten hätten: Er möge die Stadt verschonen, die doch schon so arg gelitten habe – eine Plünderung würde keinen Erfolg haben. Der Herzog sei gnädig gewesen und habe die Stadt über die Münsterfort umgangen.

Anmerkungen

Die Sagenversion wurde von dem verstorbenen Werner Stadtarchivar Mörstedt mitgeteilt. Die Heerstraße zweigte etwa zwei Kilometer vor Werne nach Norden über die Flur Münsterfort zur Straße nach Münster ab. Christian d.J. von Braunschweig, 1599-1626, ein tapferer aber unreifer Hitzkopf, war während des 30jährigen Krieges Heerführer der protestantischen Union, der überall in Westfalen gefürchtet wurde, ebenso wie sein Gegenspieler, Ferdinand von Bayern, Erzbischof von Köln, Münster und Paderborn. Diese Stadt bestrafte Ferdinand mit dem Verlust ihrer Privilegien, weil die der Reformation anhängenden Kreise den Braunschweiger mit dem Ersuchen um Hilfe gegen die katholische Liga in ihre Stadt eingelassen hatten. Die münsterischen Landstädte traf seine Strafe, weil sie sich geweigert hatten, die gegen den Braunschweiger anrückenden Truppen aufzunehmen, obwohl sich darin nur eine Selbsthilfe der Städte zeigte gegen durchmarschierende Truppen, die Quartiere, Verpflegung und Geld verlangten, was von Ferdinand als Rebellion ausgelegt wurde. Werne entging diesem Schicksal, weil es sich nicht weigerte, 1623 eine ligistische Besatzung aufzunehmen, die zwei Jahr in der Stadt bleib (s.a. Handbuch der hist. Stätten und Gustav Engel, Politische Geschichte Westfalens; Köln und Berlin 1968). Interessanterweise besitzt nun das Archiv der Stadt Werne einen Schutzbrief des Herzogs von Braunschweig, in dem er seinen Truppen die Anordnung gibt, die Stadt Werne vor weiteren Plünderungen zu verschonen. Von den beiden Versionen wäre somit sie erstere die eigentliche Sage, während die zweite regelrechte geschichtliche Tatsache sein könnte. Dies wird noch dadurch erhärtet, dass die Bürger der Stadt aus Dankbarkeit gegen die gnädige Fügung Gottes vom Propst von Cappenberg als dem Kirchenherrn die Abhaltung einer Dankprozession genehmigt erhielten. Der Brauch besteht heute noch.

Münsterfort bezeichnet heute eine Straße in Werne.

Münsterfort, Werne (WGS 84: 51.66807° 7.614813°)

Literaturnachweis

  • Helmut G. & Gerda Palme, Sagen vom Hellweg, Hg.: Kreis Unna, Erweiterte Neuauflage Schwerte 1987, Nr. 114


Hier finden Sie: Münsterfort, Werne (51.66807° Breite, 7.614813° Länge)

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Diese Sage ist in den bisher erschienen Werken von Dirk Sondermann nicht enthalten. Von ihm erschienen die Bücher Ruhrsagen, Emschersagen, Bochumer Sagenbuch, Wattenscheider Sagenbuch und Hattinger Sagenbuch. Weitere Publikationen sind in Vorbereitung. Bitte beachten Sie auch unsere Veranstaltungshinweise.


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