Ave Maria

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Kloster Kamp

Im Kloster Kamp lebte einst ein armer Bruder, der zu anderem nicht zu gebrauchen war, als nur die allergeringste und einfachste und dazu denn auch die schmutzigste Arbeit zu tun. Er wurde darum auch von den anderen wenig beachtet, von manchen sogar verachtet. Er konnte nicht lesen und schreiben, und kein einziges Gebet vermochte sein schwacher Verstand zu behalten, nicht einmal das Vaterunser. Was er zu sagen wusste, waren nur die beiden Worte »Ave Maria«.

Es war, dass nach einem Leben voll Arbeit auch dieser Klosterbruder als alter Mann zu sterben kam. Er ging so unauffällig und still hinweg, wie er gelebt hatte. Als man ihn auf dem Friedhof neben dem Klostergarten in der Nähe der hohen Mauer begraben hatte, war es schon sehr bald vergessen. Es wurde Winter. Schnee wölbte sich über dem Grabe, und mehr, als dass es im nächsten Frühjahr eingeebnet wurde, geschah zunächst nicht mit ihm. Nicht einmal einen Stein setzte man auf den Hügel, wie es sonst üblich war, so dass auch der Name des armen Bruders für alle Zeit vergessen blieb.

Aber es geschieht ja nicht alles im Leben nach dem Denken der Menschen allein. Es war Mai geworden. Aus den Gräbern sprossen die jungen Blumen hervor, und mache Gräber berühmter Äbte verwandelten sich in prachtvolle Blumenbeete. Nur die Erde des Armengrabes blieb grau und ohne auch nur ein kleines Lebenszeichen. Aber an einem Morgen lockerte sich der Boden, ein grüner Stängel hob sich empor, und nach wenigen Tagen schon erschloss sich eine Knospe zu einer wunderbaren weißen Lilie, leuchtend in einem Licht, das alles andere Blühen überstrahlte. Als die Brüder dieses Wunder sahen, erkannten sie, wie auf den sieben weißen Blättern in rot und goldenen Zeichen die Worte zu erkennen waren: »Ave Maria«, des einfältigen Mannes einziges Gebet.

Dieses Wunder bleib bestehen durch alle Zeiten. Alle, die kamen, um das Wunder zuschauen, beteten still vor dem Grab des Armen, den Gott nach seinem Tode erhört hatte.

Anmerkungen

Kloster Kamp liegt am Abteiplatz in Kamp-Lintfort. Kloster Kamp ist ein Kloster auf dem Gebiet der Stadt Kamp-Lintfort, deren Name sich vom Kloster herleitet. Es wurde 1123 gegründet und war das erste Zisterzienserkloster im damaligen deutschsprachigen Raum. Die Klosteranlage liegt auf einem Hügel (Kamper Berg), an dem südlich der historische Kanal Fossa Eugeniana entlang führt. Vom ursprünglich romanischen Bau ist nicht viel bekannt, er soll aber wohl kein Querhaus besessen haben, ebensowenig wie der Bau aus den Jahren 1410-1415, welcher im Truchsessischen Krieg zerstört wurde. Der Neubau aus dem 17. Jahrhundert umfasst noch den Chor des Vorgängerbaus. Das Innere der Kirche beherbergt Gegenstände und Formen aus den vorherigen Jahrhunderten, viel Ursprüngliches ist durch Kriege, besonders aber durch die Säkularisierung unter französischer Herrschaft, verloren gegangen. Von Außen sind die beiden Zwiebeltürme an der Ostfront das markanteste Zeichen der Kirche, ebenso wie der Dachreiter. Durch diese außergewöhnlichen Stilelemente wird die Bedeutung des sakralen Bereichs unterstrichen. Ein sonst üblicher Turm im Westen (Westwerk) fehlt. Im Nordosten schließt sich eine sechseckige Marienkapelle aus dem Jahr 1714 an. Zum Klostergelände gehört der um 1990 wiederhergestellte Terrassengarten. Mit der Wiederherstellung wurde der Versuch unternommen, Mosaiksteinchen barocker Gartenbaukunst an ihrem traditionellen Ort wieder in ein geschlossenes Bild zu integrieren. Die wiedererrichtete Gartenanlage wurde 2004/2005 als herausragendes Beispiel in die Straße der Gartenkunst an Rhein und Maas aufgenommen. Siehe Wikipedia.

Kloster Kamp (WGS 84: 51° 30' 09.36" 6° 30' 56.79")

Literaturnachweis

  • Erich Bockemühl, Das goldene Spinnrad, Niederrheinische Sagen, Märchen und Legenden neu erzählt von Erich Bockemühl, 2. überarbeitete und erweiterte Auflage, Duisburg 1960, S. 105f.


Hier finden Sie: Kloster Kamp (51.5026° Breite, 6.515775° Länge)

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Diese Sage ist in den bisher erschienen Werken von Dirk Sondermann nicht enthalten. Von ihm erschienen die Bücher Ruhrsagen, Emschersagen, Bochumer Sagenbuch, Wattenscheider Sagenbuch und Hattinger Sagenbuch. Weitere Publikationen sind in Vorbereitung. Bitte beachten Sie auch unsere Veranstaltungshinweise.


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